„Von Jesus Christus können wir gar nicht groß genug denken.“ So könnte man die dichten Aussagen des Paulus zusammenfassen. Da sprüht einer förmlich für Christus. Mehr als Christus gibt es nicht und mehr brauchen wir nicht. Das schreibt der Apostel einer Gemeinde, die sich – nicht viel anders als wir heute – einem riesigen Markt der religiösen Möglichkeiten und ideologischen Überzeugungen gegenübersah. Ihnen und uns macht er Jesus groß.
Der sichtbar gewordene Schöpfer und Erlöser (V. 15-20)
Ein uraltes Christus-Lied, das sprachlich ins Auge sticht, auch vom Inhalt her. Die Maximalaussagen über Christus überbieten sich, Schlag auf Schlag. Allein die Namen und Bezeichnungen, mit denen Jesus Christus beschrieben wird, sind so vielfältig und überragend, wie kaum an einer anderen Stelle im Neuen Testament.
- Ebenbild des unsichtbaren Gottes (V. 15): Wer den unsichtbaren Gott kennenlernen will, der findet ihn in ihm
(vgl. Joh 12,45; 14,9). - Erstgeborener vor aller Schöpfung (V. 16): Das Nizänische Glaubensbekenntnis legte darauf besonderen Wert: Christus ist „Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaffen, eines Wesens mit dem Vater“ (EG Württ. 687).
- Haupt des Leibes, nämlich der Gemeinde (V. 18), Anfang (V. 18)
- Erstgeborener von den Toten (V. 18). Dem Erstgeborenen vor aller Schöpfung verdankt diese Welt – und zwar die sichtbare und die Unsichtbare – ihre Existenz (V. 16).
• Auch alle Throne, Herrschaften, Mächte oder Gewalten der unsichtbaren Welt, vor denen Menschen damals sich fürchteten oder heute sich fürchten, alles ist durch Christus und alles geschieht zu ihm hin.
• Alles weist auf ihn. Er hält alles in der Hand. Ihm entgleitet nichts. Ihn brauchen wir – und müssen uns vor nichts fürchten. In ihm finden wir Gottes Fülle (V. 19).
Die erlöste Gemeinde (V. 21-23)
Paulus führt seinen Adressaten vor Augen, wie tiefgreifend die Veränderung war, die sie durch Christus – durch seinen Tod am Kreuz – erlebt haben. Einst: fremd, feindlich gesinnt in bösen Werken. Jetzt: versöhnt, heilig und untadelig gemacht.
Das gilt es zu ergreifen und festzuhalten im Glauben. Denn mehr als Christus gibt es nicht. Wir können auch von der Glaubensverbindung zu Christus nicht groß genug denken.
Das eröffnete Geheimnis (V. 24-29)
Paulus schreibt als Gefangener (vgl. 4,3.10.18). Trotz der damit verbundenen Behinderungen sieht er sich nach wie vor als „Diener“ (griech. Diakonos) der Gemeinde (V. 24) und des Evangeliums (V. 23) mit einem von Gott gegebenen „Auftrag“ (griech. Oikonomia = Haushalterschaft). Die Rahmenbedingungen im Leben des Paulus und im Laufe der Geschichte der christlichen Gemeinde mögen sich ändern, doch der Auftrag bleibt derselbe: Das Wort soll reichlich gepredigt werden. Der Wortstamm von „reichlich“ ist derselbe wie im Wort „Fülle“ in Vers 19. Der Fülle, die Gott in Christus wohnen lässt, entspricht, dass wir in der Fülle von ihm reden und mit seinem Evangelium die Welt erfüllen.
Vers 24 redet nicht von den Leiden Christi als Versöhnungswerk. An ihnen fehlt nichts und an ihnen hat kein Mensch Anteil. Es geht auch nicht um eine Passionsmystik. Vielmehr steht der Gedanke im Hintergrund, dass es ein endzeitliches „Pensum“ von Christusleiden gibt, die die ganze Gemeinde Jesu Christi zu bestehen hat. Paulus ist bereit, seinen Teil zu erstatten.
Ein Schlüsselwort in diesen Versen lautet „Geheimnis“. Es handelt sich um Gottes ewiges Geheimnis: seinen Retterwillen und seinen Rettungsweg. Von Ewigkeit her hat Gott beides festgelegt. Und in Christus wirkt es. Zusammengefasst lautet Gottes Geheimnis: Christus in euch – die Hoffnung der Herrlichkeit. Also: Auch vom Evangelium, von Gottes Einladung zum Glauben an Christus und zur Versöhnung mit Gott (vgl. 2Kor 5,20), können wir nicht groß genug denken.
Fragen zum Gespräch
Einstieg: „Mogelpackungen“ sind in der Lebensmittelindustrie beliebt, werden natürlich nicht so genannt: Große Verpackung – aber immer weniger Inhalt. Beim Glauben an Jesus Christus ist es gerade anders herum: „Da steckt viel mehr drin, als man vermutet.“ Hinter der Unscheinbarkeit eines Kindes, das in einem Ausweichquartier geboren wird, und eines Mannes, der ohnmächtig an einem Kreuz stirbt, steht Gottes Fülle. Da ist der Ort, wo wir dem lebendigen Gott begegnen, und diese Begegnung unser Leben verändern kann – heute und in Ewigkeit!
- Welche (neuen) Namen finden wir, um die Größe und Bedeutung von Jesus für uns zu beschreiben?
- Welche „Konkurrenten“ begegnen uns, die sich wichtig und groß gebärden und uns verführen, kleiner von Christus zu denken, als es eigentlich richtig wäre?
- Wie können wir sie entlarven und wie verlieren sie ihre gedankliche Macht in uns?
Lieder: GL 388, FJ5 145 Du bist Christus