04/2025-05-2025

Etwas Festes im Wandel der Zeiten (Kolosser 3,18-4,1)

Texterklärung

Der Text enthält die älteste Haustafel im Neuen Testament. Sie wird in Epheser 5,21-6,9 weiter ausgeführt. Der Begriff stammt aus dem Kleinen Katechismus von Martin Luther. Sie ordnet das Zusammenleben im Haus, der kleinsten sozialen Einheit der damaligen Zeit. Es umfasste nicht nur die eigentliche Familie, sondern auch die Bediensteten. Dabei galt eine klare patriarchalische Rangordnung, die Männer hatten das Sagen. Aber jetzt kommt etwas Neues dazu. Es bleibt nicht beim einseitigen Unterordnen und Gehorchen der vermeintlich schwächeren Frauen, Kinder und Sklaven. Auch der Ehemann, Vater und Dienstherr werden hineingenommen und verpflichtet im Dienst am Nächsten. Die bestehende Ordnung wird nicht abgeschafft, aber sie wird im Licht des Evangeliums neugestaltet.

Kein Festhalten an alten Strukturen

Aus heutiger Sicht scheint der Text überholt, er ärgert uns vielleicht sogar. Es hat sich viel verändert in der Rolle von Mann und Frau in der Ehe, im Verhältnis der Kinder zu ihren Eltern, Sklaven und Herren gibt es bei uns nicht mehr. Deshalb würde es auch nicht weiterhelfen, wenn wir diese Gesellschaftsordnung konservieren wollen nach dem Motto: „Früher war alles besser.“, und erwarten, dass es wieder so wird. Aber es wäre auch falsch, den Text einfach als überholt und antiquiert beiseitezulegen mit dem Hinweis: Das hat doch nichts mehr mit uns zu tun. Vielleicht müssen wir vielmehr herausfinden, ob es einen tieferen Sinn gibt, der uns auch für die heutige Form des Zusammenlebens wichtige Hilfe geben kann.

Nicht Gerechtigkeit, sondern gegenseitiges Dienen

Im Text schneiden sich zwei Linien: die Sitte und Ordnung der damaligen Zeit, die gesellschaftlich nicht hinterfragt wurde, und ein Leben aus der Herrschaft Christi. Es soll deutlich werden, dass mit Christus eine Veränderung eintritt, die nicht bestehende Ordnungen umwirft, sondern von innen her neu belebt: Was bedeutet es heute, wenn Christus Herr ist in Familie und Arbeitswelt? Wie verändert das unser Denken und unsere Haltung? Könnte nicht ein freiwillig dienender Lebensstil positive Grundlage sein für das Zusammenleben und -arbeiten, statt der andauernden Forderung, dass mir jeder jederzeit gerecht werden muss? Letzteres ist schwierig und hilft nicht wirklich weiter, weil ein bloßes Rechtsverhältnis keine vertraute und gute Gemeinschaft stiften und erhalten kann. Christus ist uns Vorbild im Dienen geworden und hat damit die Menschen verändert, denen er begegnet ist.

Jeder schaue auf das Seine

Es ist einfach, vom anderen sein Recht zu fordern, ob es nun um Unterordnung, Liebe oder Gehorsam geht. Aber echte Gemeinschaft entsteht da, wo zunächst jeder seine Aufgabe ernst nimmt und in die Tat umsetzt, bevor man schaut, ob der andere seine Pflicht erfüllt. Der Gehorsam gegenüber Christus betrifft alle Beteiligten, nicht nur die Schwächeren. Damit hat sich die Ordnung nicht geändert und ist doch von innen her völlig neu geworden. Es weht ein anderer Geist. Jeder hat etwas beizutragen, damit das Zusammenleben gelingt. Der Unterordnung der Ehefrau wird die Liebe des Ehemannes gegenübergestellt, dem Gehorsam der Kinder die Geduld und das Verständnis der Väter, und dem Gehorsam der Sklaven ein gerechter Umgang der Herren mit ihnen.

Christus im Mittelpunkt

Siebenmal kommt im Text der Begriff „Herr“ vor. Jesus Christus ist sozusagen in jedem Satz gegenwärtig. Erst die Beziehung zu ihm ordnet und heiligt alle unsere anderen Beziehungen. Nicht zufällig soll sein Leben und Handeln die Grundlage für unsere Denken und Verhalten sein: in der Liebe, im Vergeben und eben auch im gegenseitigen Dienen und Achten. Immer hat er es uns vorgelebt. Weil er so an uns handelt, sollen wir es miteinander auch so halten. In Epheser 5,21 heißt es deshalb ergänzend: „Ordnet euch einander unter in der Furcht Christi.“ Die Motivation für ein heilsames und harmonisches Zusammenleben ist nicht mein Recht, das ich durchsetzen muss, sondern alles, was ich tue, geschehe von Herzen „als dem Herrn und nicht den Menschen“. Gelingende menschliche Gemeinschaft ist Gottesdienst.

Fragen zum Gespräch

  • Ist die damalige Ordnung völlig überholt? Falls nicht, wie kann sie für heutige Verhältnisse hilfreich umgedeutet werden?
  • Was bedeutet es für das Zusammenleben in Familie und Arbeitswelt, wenn wir uns vor Christus verantwortlich wissen?
  • Was kann uns helfen, alles, was wir tun, von Herzen zu tun, als dem Herrn und nicht den Menschen?

Lieder: GL 323, FJ5 168 Wir sind eins

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