06/2025-07/2025

Durch Los an die Macht (1. Samuel 10,17-11,15)

Seine Herkunft

Saul stammt aus dem kleinen Stamm Benjamin (heute: Westjordanland), mit etwa 35.000 wehrhaften Männern eher unbedeutend gegenüber dem größeren Juda. Aber ein Benjaminiter zu sein, hat wohl bedeutet, zum eher frommen Südreich zu gehören. Saul scheint als junger Mann – trotz seiner großgewachsenen Gestalt – eher zurückhaltend gewesen zu sein. Umsichtig bei der Suche nach den Eselinnen seines Vaters, aber dann erstaunlich zurückgenommen, als er von Samuel zum König gesalbt wird. Festzuhalten gilt auch: Er hat sich auch als berufener König zu jenen Männern in seinem Heer gehalten, „denen Gott das Herz gerührt hatte“.

Folgenschwere Verwerfung

Vor der eigentlichen Wahl des Königs durch das Losverfahren wird zuerst noch einmal der Hintergrund der Ereignisse beschrieben. Da ist zunächst der Ort, den Samuel ausgesucht hat: Mizpa. Hier waren sie zusammengekommen in der Bedrohung durch die Philister. Hier hat sie Samuel aufgefordert, sich von ganzem Herzen zum Herrn zu bekehren und sich von den fremden Göttern zu trennen. Hier haben sie Samuel gebeten, zu Gott zu flehen und ihnen zu helfen. Und hier war der Ort, wo sie allein mit seiner Hilfe die Philister überwunden haben. Doch trotz dieser Erfahrung haben sie sich abgewendet und den Herrn als ihren König verworfen. Als Entschuldigung ließ Gott nicht gelten, dass Samuel seine Söhne als Richter berufen hatte, die nur ihren eigenen Vorteil gesucht haben. Nein, der Herr hat dem Wunsch nach einem weltlichen König nachgegeben und dennoch bleibt es eine Verwerfung.

Einsetzung durch das Los

Es gibt keine öffentliche Ausschreibung. Es findet auch keine Wahl nach demokratischem Verständnis statt. Das Los soll entscheiden. Denn auf diese Weise soll gewährleistet werden, dass eine Wahl nach Gottes Willen erfolgt – ohne Einflussnahme und Ansehen der Person. Mittels des Loses wurde das Land für die 12 Stämme Israels verteilt (vgl. Jos 18,10). Auch bei der Ermittlung des Sündenbocks wurde gelost, bei den Ziegenböcken, die geopfert oder aus dem Lager geführt werden sollten. Auch bei Jona erfuhren die Schiffsleute erst durch das Los, dass der Prophet tatsächlich für den Sturm verantwortlich war. Bei der Nachwahl des 12. Apostels wurde das Los geworfen und es fiel auf Matthias (Apg 1,26). Ebenso haben die Peiniger Jesu auf diese Weise sein Gewand vergeben (Joh 19,24).

Bei Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700–1760) und der Herrnhuter Brüdergemeine wurde in der Frühzeit des Werkes das Losverfahren angewendet, um den Missionaren ihr Einsatzgebiet zuzuteilen oder auch andere Entscheidungen zu fällen. Später, nach einigen negativen Erfahrungen, hat man davon Abstand genommen.

Bemerkenswert ist nun bei der Wahl Sauls, dass ihn das Volk sofort anerkannt hat. Doch trotz der allgemeinen Euphorie hat Samuel ihnen das Königsrecht erklärt, dass der Herr in seiner Weisheit lange vorher erlassen hatte (5Mo 17,14-20). Darin ging es ihm nicht um die Abgaben, die ein König erheben könnte, nicht um Äußerlichkeiten. Der König soll „ein Bruder sein“, kein Fremder. Wenig Frauen, kein Liebhaber von Gold und Silber, ein Mann des Wortes und des Rechts, bescheiden in seinem Wesen. Klare Vorstellungen Gottes, aber die Verwerfung bleibt.

Erste Entscheidungen

Was für ein Großmut – die erste königliche Handlung ist für Saul nicht die Festnahme der „ruchlosen Leute“, die seine Krönung mit Argwohn und Verachtung beantwortet haben. Hier kann er unliebsame Voten noch großzügig überhören. Später dann nicht mehr (1Sam 18,6-9). Was für eine Bescheidenheit – als der Ammoniter-Chef Nahasch Israel bedroht und sie verhöhnt, da findet man Saul nicht bei typisch königlichen Geschäften. Nein, der König kommt wie ein Landwirt vom Feld her, er läuft kontrollierend hinter seinen Rindern her. Und dennoch handelt er sofort als Regent, wird von Gottes Geist erfüllt und kann die Ammoniter mit Gottes Hilfe überwinden.

Als Christen fragen wir nach Parallelen im Leben Jesu und stellen fest: Auch Christus hat oft Ablehnung und Gewalt erlebt und er ist nicht einfach nur ruhig geblieben. Er konnte Menschen auch dann noch lieben, wertschätzen und im Gespräch mit ihnen bleiben. Er fand immer Worte, die herausfordernd und gleichzeitig einladend gewesen sind. Er kann uns helfen, Ähnliches zu erleben.

Fragen zum Gespräch

  • Können wir um Jesu Willen großmütig sein, zurückhaltend in unserem Urteil, bescheiden in unserem Auftreten?
  • Immer wieder werden durch den Herrn Menschen berufen, die wir heute „aus guten Gründen“ nicht nehmen würden. Müssen wir unsere Auswahlkriterien nicht überprüfen, ja, ändern?
  • Die Entwicklung beim ersten König Israels lässt viele von einem „frühen“ und „späteren“ Saul reden. Was können wir tun, um fatale Fehlentscheidungen in unserem Leben zu vermeiden?


Lieder: GL 228, FJ6 114 Gott ist mit uns

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