Römer 7,1-25
Texterklärung
Paulus arbeitet sich in Römer 7 an den Vorhaltungen seiner jüdischen Gegner ab. Es besteht Klärungsbedarf, welche Rolle die Tora und Einhaltung der Gesetze für Christen, insbesondere Judenchristen, spielt. An dieser Thematik hängt die Frage der Beschneidung, der Heidenmission und der Rechtfertigung. In Römer 6 hat Paulus die Freiheit vom Gesetz durch die Taufe beschrieben. Er legt damit den Grundstein dafür, worauf es für Christen wirklich ankommt und was das Leben mit Jesus bewirkt. Römer 7 baut darauf auf und lenkt den Blick auf die Funktion der Tora.
Was gilt jetzt eigentlich? (V. 1-6)
Schon in der Anrede wird deutlich, dass Paulus Juden („liebe Brüder“) anspricht. Er setzt voraus, dass seine angesprochenen Gegner, die jüdischen Gesetze (Tora) kennen. Paulus beginnt seine Argumentation mit der Selbstverständlichkeit, dass Gesetze nur dann gelten, solange ein Mensch lebt (V. 1). Im Judentum ist die Einhaltung der Gesetze die Voraussetzung, um zu Gott zu kommen. Anhand des jüdischen Scheidungsrechtes wird Paulus konkret (V. 2-3). Durch das Sterben erlischt die Wirkung des Gesetzes und dessen Rechtsansprüche. Christus hat das Gesetz erfüllt und ist für uns am Kreuz gestorben. Damit entfaltet das Gesetz für Christen keine Wirkung mehr. Wir gehören zu Christus und bringen jetzt schon Frucht, weil Christus in uns wirkt. Nicht das Gesetz bestimmt nunmehr meine Zukunft, sondern allein Christus.
Warum braucht es Gesetze? (V. 7-13)
Gesetze sind dazu da, das Leben zwischen Menschen zu regeln und zu ermöglichen. Gott gab die Gesetze zur Lebenserhaltung des Menschen (V.10). Für Paulus steht fest, was er in V. 12 schreibt. Paulus versteht die Sünde als Macht, die wie eine Person bewusst gegen das Gesetz arbeitet. Erst durch das Gesetz hat die Sünde etwas, wogegen sie arbeitet. Die Sünde will nicht, dass Menschen leben und in Gemeinschaft mit Gott leben, sondern sie will das, was das Gesetz will, zerstören. Die Sünde will das Leben mit Gott zerstören. Die Sünde ruft im Menschen die Begierde hervor, sich selbst groß zu machen und auf das eigene Wohlbefinden zu schauen. Dadurch verstößt der Mensch gegen Gottes Gebote und Gesetze. Aber erst durch die Gesetze weiß der Mensch eigentlich, was richtig ist. Weil der Mensch durch Gottes Gesetze weiß, was richtig und falsch ist, erfährt er erst die Macht und Wirkung der Sünde. Lesen wir Gottes Gebote und Gesetze, dann erkennen wir, was wir alles falsch gemacht haben. Wir erkennen und müssen erleben, wie wir unser eigenes Leben zerstören und das unserer Mitmenschen.
Das Problem mit dem Gesetz (V. 14-25)
Dieser Abschnitt ist der schwierigste Text im Römerbrief, weil er uns einen Widerspruch aufzeigt, den wir kaum verstehen können. Einerseits stimmen wir dem zu, dass das Gesetz gut ist, aber andererseits befolgen wir es nicht. Wir handeln immer wieder gegen das Gesetz. Paulus unterscheidet zwischen dem Gesetz, das geistlich ist und damit von Gott gewollt und von Gott bestimmt und andererseits dem Menschen, der fleischlich ist und von der Sünde bestimmt ist. Der Mensch lebt in diesem Widerspruch. Dass der Mensch von Gott zum Guten geschaffen ist, kommt nicht zur Entfaltung. Diese Erfahrung machen wir täglich. Wir wissen eigentlich, was gut ist und doch suchen wir unseren eigenen Vorteil. Deswegen tun wir etwas, was wir eigentlich gar nicht tun wollen, wenn wir auf Christus sehen. Auch, wenn wir es eigentlich nicht tun wollen, sind wir für unser eigenes Verhalten verantwortlich. Aber unser Verhalten bestimmt nicht, wer wir sind. Unser Sein wird dadurch bestimmt, dass wir zu Christus gehören, auch wenn wir uns oft danebenbenehmen. Luther beschreibt diesen Zustand mit der Formel: „simul iustus et peccator“ (gleichzeitig gerecht und Sünder). Wir sind durch den Glauben an Jesus Christus gerechtfertigt, obwohl weiterhin die Sünde in uns wohnt. Deswegen müssen wir uns immer wieder neu Christus zuwenden und dürfen seine Vergebung in Anspruch nehmen. Damit erfahren wir, dass wir aus Gnade gerettet sind.
Praxishilfen
- Welche Rolle spielen in unserem Leben/unserer Gemeinde Gesetze und Gesetzlichkeiten?
- Was bewirkt es in uns, dass wir aktiv gar nichts tun können, um unsere Rettung zu ermöglichen, sondern allein auf Gnade angewiesen sind?
- Wie erleben wir den Widerspruch, dass wir einerseits Christus nachfolgen wollen und andererseits immer wieder Dinge tun, die wir eigentlich für falsch halten?
- „Wo immer in der Welt einer nicht mehr weiß, dass er höchstens der Zweite ist, da ist bald der Teufel los“ (Zitat Bischof Joachim Reinelt). Was bedeutet dieser Satz für unser Leben als Christen und vor dem Hintergrund von Römer 7?
Lieder: GL 448, FJ6 86 Treu bist du Herr