Dieser Frage begegne ich immer wieder, wenn ich an einem Infostand unsere Angebote der Musikgeragogik vorstelle. In der Tat ist Musikgeragogik eine noch junge Fachdisziplin mit wenig Angeboten – sowohl im Hinblick auf Angebote wie auch im Hinblick auf Möglichkeiten der Weiterbildung. Dabei gewinnt die Musikgeragogik zunehmend an Bedeutung. Denn sie zielt darauf ab, älteren Menschen durch Musik Freude zu bereiten und ihre Lebensqualität zu verbessern sowie Fähigkeiten zu erhalten. Musik schafft einen Zugang und berührt die Seele. Dabei finden in unseren Angeboten auch Glaubensinhalte und die Zusage von Gottes Liebe und Vergebung Ausdruck in Liedern, Texten und Gebeten. Zur Veranschaulichung nachfolgend zwei Beispiele von Mitarbeiterinnen der Musikschule Hoffnungsland:
Musikgeragogische Einzelbetreuung – wie Musik Verbindung schafft
Meine musikgeragogische Arbeit ist die Einzelbetreuung von Bewohnerinnen und Bewohnern eines Seniorenheims in Stuttgart. Dort besuche ich fünf Personen regelmäßig auf ihren Zimmern. Die meisten sind bettlägerig, teils schwer dement. Sprechen ist oft kaum oder gar nicht mehr möglich. Hier wird die Musik zur Brücke. Ich darf erleben, wie sie Herzen berührt, schwer kranke Menschen aktiviert und Erinnerungen wachruft. Ich singe und spiele den Seniorinnen und Senioren bekannte Melodien vor: Kinder-, Volks- oder Kirchenlieder. Dabei passieren immer wieder kleine Wunder: Menschen, die kaum mehr sprechen können, stimmen plötzlich Liedstrophen mit an. Das begeistert und berührt mich zutiefst! Gleichzeitig verändert diese Arbeit auch mich – als junge Frau in einer hektischen Welt lerne ich, im Hier und Jetzt zu sein, mich ganz auf mein Gegenüber einzulassen. Musikgeragogisch zu arbeiten, erfordert Achtsamkeit und eine feine Wahrnehmung: Was braucht die Person in diesem Moment? Wie zeigt sich ihr Befinden? Zum Beispiel durch Mimik oder Gestik? Manchmal hilft dann auch Berührung, um Orientierung und Nähe zu vermitteln. Ich bin unendlich dankbar, dass Gott meine Stimme und Musikalität über die Musikgeragogik zu einem Geschenk werden lässt – besonders an jene, die im Alltag wenig Ansprache oder Zuwendung erhalten und jedes Mal gehe ich selbst beschenkt nach Hause.
Mirjam Böhmerle
Musikgeragogische Gruppenstunde – Treffpunkt Musik Linsenhofen
Seit Juli vergangenen Jahres findet unsere Gruppenstunde jeden Donnerstag von 15:30 -16.30 Uhr im evangelischen Gemeindehaus statt. Eingeladen sind Erwachsene mit Pflege- oder Betreuungsbedarf, die allein oder mit einer Begleitpersonen teilnehmen. Gemeinsam erkunden wir die Welt der Musik mit Aktivitäten zu unterschiedlichen Themen im Jahreskreis oder den Festen im Kirchenjahr. Dazu gehören Singen bekannter Lieder, Gedächtnistraining, Bewegung zur Musik, Erinnerungen teilen und Austausch untereinander. Die Teilnehmenden machen aktiv mit oder dürfen einfach dabei sein. Inzwischen ist unsere Gruppe mit neun Personen gut besucht, doch wir freuen uns immer über neue Gesichter, die einfach mal „schnuppern“ möchten. Seit kurzem wird dieses Angebot finanziell von der gesetzlichen Pflegeversicherung unterstützt. Dafür sind wir sehr dankbar und erleben sehr viele schöne und berührende Momente.
Regine Eggstein
Musikgeragogische Weiterbildung
Wo musikgeragogische Angebote stattfinden, werben sie für sich selbst. Und so erreichen uns immer mehr Anfragen, die unser noch kleines Team nicht bedienen kann. Deswegen befähigen wir in den Seminartagen zur Musikgeragogik. Und so könnte die Frage lauten: Musikgeragogik – wäre das etwas für mich? Wer das überlegt, ist eingeladen zum Seminartag am 8. November 2025, um die Grundlagen und Arbeitsweisen der Musikgeragogik kennenzulernen. Im nächsten Jahr folgen dann themenspezifische Seminartage und der Beginn mit praktischen Angeboten, wie oben beschrieben.
Infos direkt auf: musikgeragogik.musikschule-hoffnungsland.de