Römer 3,21-31
Texterklärung
„Gerechtigkeit Gottes“ wurde in der mittelalterlichen Kirche vor allem als Strafgerechtigkeit aufgefasst. Gott ist ein gerechter Richter, der jedem gibt, was ihm zusteht. Da die Menschen sich als moralische Sünder empfanden, erwarteten sie Strafe durch Gottes Gerechtigkeit. Paulus versteht Gerechtigkeit als Treue Gottes zu seinen Heilsversprechen. Die „Gerechtigkeit vor Gott“ aus dem Glauben lässt Gott stellvertretend um Christi willen gelten. Sünde bezeichnet keine moralische Verfehlung, sondern eine Lebenshaltung, die Gott nicht als Gott anerkennt: der Mensch will sein wie Gott und nur nach Regeln leben, die er sich selbst gegeben hat.
Dieser Textabschnitt hat besonderes Gewicht. In ihm finden sich die reformatorischen Formeln: Solus Christus, sola gratia, sola fide (allein Christus, allein die Gnade, allein durch den Glauben).
Ohne Unterschied
„Es ist hier kein Unterschied.“ Es gibt mit Blick auf Frieden mit Gott keinen Unterschied zwischen Juden und Nichtjuden. Es gibt keinen Unterschied zwischen Christen und Muslimen. Es gibt keinen Unterschied zwischen Europa, Südamerika, Afrika oder Asien. Vor Gott sind alle Menschen gleich – sie sind Sünder. Sie sollten Ruhm, gutes Ansehen bei Gott haben. Gott sollte sagen können: „Du bist genug, du gefällst mir.“ Nach dem Durchgang durch die Kapitel 1 und 2 des Römerbriefes wird allerdings deutlich: So ist es leider nicht.
Die nüchterne und brutale Bestandsaufnahme des Paulus reizt allerdings zum Widerspruch. So schlimm kann es doch nicht sein. Die Juden
(-christen) damals sagten: „Wir haben doch die Tora, wir achten doch den Willen Gottes.“ Die Nicht-Juden hätten wohl gesagt: „Wir achten und ehren doch die Götter.“
In unserer Gegenwart würden wohl viele Menschen sagen: „Das mit Gott ist doch sowieso nicht wahr. Es gibt keinen Gott.“ Vielleicht glauben Menschen der Gegenwart auch nur an andere Götter: Erfolg, Macht, Reichtum, Ansehen, Ruhm bzw. Berühmtheit. An Gott gehen dabei aber die meisten vorbei, nehmen ihn nicht war und achten schon gar nicht seine Regeln für das Leben.
Ohne Verdienst
Kann man mit Gott wieder ins Reine kommen? Man könnte hart für diesen Erfolg arbeiten. Das führt zu nichts, sagt Paulus. Immer alles richtig zu machen, hebt das eine Mal, wo es vielleicht falsch war, nicht auf. Es geht hier auch nicht um das Sammeln von moralischen Fleißkärtchen – es geht darum, Gott Gott sein zu lassen. Daran scheitern die Menschen aber immer wieder.
Die Lösung ist nur von Gottes Seite her möglich. Dafür ist eine komplette Neuausrichtung des Lebens nötig. Verdient hat das niemand. Erarbeiten kann sich das niemand. Darum heißt es im Bibeltext: „ohne Verdienst“. Es gibt keinen Anspruch auf Frieden mit Gott – auch wenn wir davon ausgehen, dass uns Gottes Wohlwollen zusteht. Wir leben zumindest in Deutschland ja oft so, dass wir das Gute für selbstverständlich erachten. Erst, wenn etwas Schlimmes geschieht, klagen wir. Und manchmal klagen wir Gott an, wie er das zulassen könne – als hätte er uns damit den Krieg erklärt.
Mit Christus
Unser Gott will aber keinen Krieg mit seinen Menschen, sondern wir selbst führen Krieg gegen Gott. Er dagegen macht uns den Frieden ohne Verdienst zum Geschenk. Gott lässt die Gerechtigkeit seines Sohnes für jeden gelten, der auf Jesus Christus vertraut. Darauf kann sich allerdings niemand etwas einbilden. „Rühmen ist ausgeschlossen“, schreibt Paulus.
Neues Leben
Erst wenn ein Mensch Frieden mit Gott hat, kann das Gesetz Gottes überhaupt seine gute Wirkung entfalten. Die Tora, das Gesetz, führt den Menschen nicht aus dem Aufruhr gegen Gott zum Frieden mit Gott. Wenn der glaubende Mensch aber Frieden mit Gott gefunden hat – vor Gott gerecht ist -, dann hilft die Tora dazu, das neue Leben im Frieden mit Gott zu gestalten. Das führt Paulus ab Kapitel 12 seines Briefs weiter aus. Das Leben des Menschen, der auf Christus vertraut, ist vernünftiger Gottesdienst. Wie das gelingen kann, dazu können Gottes Lebensregeln helfen. Am einfachsten kann man sich die zusammengefasste Form im Doppelgebot der Liebe merken.
Praxistipps
Einstieg in ein Bibelgespräch: Ein Gesetzbuch mitbringen (kann man in Bibliotheken ausleihen).
- Was passiert, wenn man Gesetze bricht? Welche Folgen hat das? Können Probleme wieder in Ordnung kommen?
- Woran erkennt man einen Menschen, der Gott liebt?
- Neigen wir dazu, uns etwas auf unseren Glauben einzubilden? Halten wir uns für besser als nicht glaubende Menschen? Wenn ja, warum ist das so?
Lieder: GL 297, GL 298, FJ5 163 In Christus ist mein ganzer Halt, FJ best of 29 Allein deine Gnade genügt