Römer 6,1-23
Als Kind habe ich diese Frage oft gehört. Da wollte jemand rausfinden, zu welcher Familie ich gehöre, wo er oder sie mich einordnen kann: „Wem ghersch du?“ Genau darum geht es in Römer 6: Paulus stellt uns vor die entscheidende Frage, wem wir unser Leben anvertrauen. Denn unsere Zugehörigkeit bestimmt, wie wir leben und wofür wir einstehen.
Was wollen wir hierzu sagen? (Vers 1-2)
Ja, zu was eigentlich? Worauf zielt Paulus mit dieser Frage ab? Er provoziert seine Leser zu einer klaren Antwort. Schaut man den Zusammenhang an, erkennt man: Seine Leser kamen direkt von der Aussage, dass Gottes Gnade größer ist als jede Sünde (Röm 5,20-21), weiter zu Paulus Frage: „Und jetzt? Wie wollt ihr reagieren?“
Viele waren vermutlich überrascht und fühlten sich zugleich bestätigt, denn es kursierte die falsche Lehre: „Je mehr du sündigst, desto mehr erfährst du Gottes Gnade.“ Paulus greift dieses Denken rhetorisch auf, erzeugt damit Spannung. Und er widerlegt dann diese Irrlehre, ohne seine Aussage über die überströmende Gnade zurückzunehmen. Seine Antwort ist eindeutig und stark (V. 2): „Das sei ferne! Wir sind doch der Sünde gestorben. Wie können wir noch in ihr leben?“
Paulus spricht hier nicht theologisch schwer verständlich, sondern existenziell und praktisch mit Bildern aus der Lebenswelt seiner Leser: Sünde hat konkrete Auswirkungen auf das Leben im Hier und Jetzt. Jesus hat dich gerettet – das verändert dein gegenwärtiges Leben radikal.
Neue Identität durch Christus (V. 3-14)
In Römer 5,12-13 beschreibt Paulus, dass der Mensch in der Zeit vor Jesus keine Möglichkeit hatte, nicht zu sündigen. Die Sünde herrschte über ihn – er war ihr ausgeliefert. Paulus nutzt ein eindrückliches Bild: den Sklaven, der an seinen Herrn gebunden ist. Frei wird er nur durch den Tod – entweder der Sklave stirbt oder der Herr.
Jesus ist für den Menschen gestorben, um ihn aus dieser Herrschaft zu befreien. Das gibt uns ein neues Leben und eine neue Identität. Die Taufe symbolisiert diesen radikalen Herrschaftswechsel: Wer auf Christus getauft ist, ist mit ihm gestorben und begraben. Der „alte Mensch“ wurde gekreuzigt – das alte Leben ist vorbei. Christen leben nun als neue Menschen, die zu Christus gehören. Diese neue Identität prägt ihr ganzes Leben und Handeln.
Sklave der Sünde oder Sklave der Gerechtigkeit (V. 15-22)
Paulus stellt klar: Jeder Mensch gehört zu jemandem. Entweder der Sünde oder Gott – beides gleichzeitig ist unmöglich. Früher waren die Christen Sklaven der Sünde, doch durch den Glauben gehören sie jetzt Gott und leben nach seiner Gerechtigkeit. Wer wirklich befreit ist, kehrt nicht zu seinem alten Herrn zurück. Paulus betont: Christen sind der Sünde gestorben – das ist keine ferne Hoffnung, sondern ein vollzogener geistlicher Zustand. Sie stehen nicht mehr unter der Herrschaft der Sünde. Die Verbindung mit Christus im Tod hat diesen Wechsel bereits vollzogen, nicht erst ein Prozess, der durch Heiligung irgendwann erreicht wird.
Diese neue Identität will nicht nur verstanden, sondern gelebt werden. Paulus bleibt nicht bei theologischen Wahrheiten stehen, sondern wird ganz praktisch: „Stellt euch selbst Gott zur Verfügung […] als Werkzeuge der Gerechtigkeit“ (Vers 13).
Unser neues Leben zeigt sich darin, dass wir uns bewusst Gott zur Verfügung stellen – nicht als passive Beobachter, sondern als seine Werkzeuge. Unsere Körper, unser Denken, unser Handeln – alles gehört ihm. Diese Hingabe ist kein Zwang, sondern Ausdruck der Freiheit, die Christus uns geschenkt hat. Wer sich Gott zur Verfügung stellt, lebt seine neue Identität ganz konkret in seinem Alltag.
Welche Frucht zeigt dein Leben? (V. 21-23)
Paulus stellt zwei ganz unterschiedliche Lebensstile mit ihren jeweiligen Früchten gegenüber. Die Frucht eines Lebens ohne Christus sind Taten, die aus der Trennung von Gott entstehen – Dinge, für die wir uns im Nachhinein schämen und die wir lieber rückgängig machen würden. Am Ende steht der Tod. Der Tod des alten Menschen steht am Anfang des Lebens mit Jesus. Wer an Jesus glaubt, ist ein neuer Mensch mit einem neuen Leben. Die Früchte dieses Lebens sind Gerechtigkeit, Liebe, Gehorsam gegenüber Gott, gute Werke. Das Ziel des neuen Lebens ist das ewige Leben.
Ein veränderter Zustand – gestorben, begraben, auferstanden – bedeutet eine neue Identität in Christus und soll eine radikale Lebensveränderung zur Folge haben.
Praxishilfen
- Wem „gehöre“ ich – ganz praktisch gesehen – im Alltag? Woran erkennt man das?
- Wie prägt meine Identität in Christus meine Entscheidungen im Alltag?
- Gibt es Lebensbereiche, in denen ich mich innerlich noch „der alten Herrschaft“ zugehörig fühle?
Lieder: GL 716, FJ Best of 123 Neues Leben, FJ Best of 109 No longer Slaves, FJ2 241 Alles wird neu