10/2025-11/2025

Menschenreiche und das ewige Reich

Daniel 7,1-28

Das Danielbuch ist zweigeteilt: Die Kapitel 1-6 enthalten eine Sammlung von Berichten und Erzählungen über Daniel und seine Freunde. Ab Kapitel 7 kommt eine Sammlung von Visionen, die den Lauf der Weltgeschichte deuten und vorhersagen. Es geht in diesen „apokalyptischen“ Traumgesichten darum, Einblick in Zusammenhänge zu erhalten, die den Menschen sonst verborgen bleiben – sozusagen den Himmel offen zu sehen und aus der Perspektive Gottes auf die Dinge zu schauen.

Der Blick in die Weltgeschichte

In der ersten Szene hat Daniel nachts einen furchtbaren Traum: er erlebt einen grausigen Sturm am Meer. Das große Meer ist kein geographischer Ort. Es ist der Ort des Chaos und der Bedrohung. Ungeheuer steigen aus dem Meer hervor – man kann sie nicht sehen, ohne zu erschrecken. Daran wird deutlich, dass die Großmächte nicht einfach als Zusammenballung irdischer Macht angesehen werden. In ihnen haben sich die ganzen gottfeindlichen Chaos- und Todesmächte erhoben.

Das ist nun die große Weltgeschichte: Aus dem gottfeindlichen Meer steigt ein Ungeheuer nach dem anderen heraus. Eines mächtiger und grausamer als das andere. Das vierte ist nochmal ein ganz anderes Tier, das mit keinem bekannten Tier verglichen wird. Im Tierreich fand sich wohl kein passendes Beispiel. Seine Schrecklichkeit wird stark unterstrichen.

Aber alle müssen dahin – zunächst so, dass eines das andere stürzt und ablöst. Bis das Königreich Gottes aller Welt ihr Ende setzen wird.

Der Blick auf Gottes Handeln

Eine 2. Szene – jetzt muss man die Augen aufheben zu Gottes Wirklichkeit. Daniel sieht einen, der uralt ist mit Haaren so weiß wie die reinste Wolle. Aber dieses Bild wird völlig missverstanden, wenn daraus Gott als der harmlose alte Mann mit Rauschebart gemacht wurde, der tatenlos im Himmel sitzt. Der „Uralte“ ist der Erste und der Letzte, der seit Ewigkeiten Herrschende und Regierende. Der Heilige und Feurige und Reine. Throne werden aufgestellt – es soll Gericht gehalten werden. Gott nimmt Platz – er ist der Richter. Um den Thron werden unzählige versammelt. Abertausende dienen ihm, eine unzählbare Schar erwartet seine Befehle.

Noch hält der letzte teuflische Tyrann, der sich gegen andere „Hörner“ durchgesetzt und sie ausgerissen hat, seine großen lästernden und überheblichen Reden. Daniel merkt auf bei diesen gewaltigen Worten – und erlebt etwas ganz anderes Gewaltiges: Das Urteil wird gesprochen – und vollstreckt. Die Zeit der scheinbar so mächtigen und gewaltigen Tiere ist abgelaufen, denn es war ihnen Zeit und Stunde bestimmt, wie lange sie leben sollten. Dem himmlischen Urteil haben sie nichts entgegenzusetzen.

Ohne Bibel könnten wir nur die furchtbaren Schrecken der Herrscher dieser Welt sehen – jeden Tag in den Nachrichten. Wie gut, dass uns die Bibel etwas von der größeren und tröstlichen Wirklichkeit zeigt: Gott sitzt im Regiment. „Man nehme die Urtiere nicht zu leicht – aber man achte sie auch nicht zu hoch. Eins löst das andere ab – ewig ist keins. Gott bestimmt ihre Stunde.“ (G. Voigt). Illusionslos sieht die Bibel den Lauf der Geschichte dieser Welt. Sie weiß um ihr Ende – der Tag des Gerichts wird kommen.

Der Menschensohn

Und dann erscheint einer wie eines Menschen Sohn aus der verborgenen Welt – kein Tier. Eines Menschen Sohn ist ja schlicht ein Mensch. Aber: er bekommt alle Macht und Ehre. Und ihm ist keine Zeit gesetzt. Seine Macht ist ewig und sein Reich hat kein Ende. Die Menschen aller Nationen und aller Sprachen dienen ihm. Das wird der Retter sein, dessen Herrschaft endgültigen Frieden bringen wird.

Das Jesus sich später dazu bekennt, dass er dieser Menschensohn ist, bringt ihm den Tod ein. Aber in seiner Auferstehung besiegt er auch die letzte tierische und menschenfeindliche Macht. Tod und Teufel sind am Ende: Jesus Christus herrscht als König.

Christi Reich ist aber nicht einfach als fünftes Reich dieser Welt hinten angefügt. Es reiht sich nicht in die Abfolge der irdischen Machtsysteme ein, sondern setzt ihnen ein Ende. Wir warten gespannt und gewiss auf den Tag des Menschensohnes.

Sind wir um den Thron Gottes versammelt als gottesdienstliche Gemeinde, dann stehen wir heute schon in der Schar der zehntausend mal zehntausend, die mit dem Menschensohn in Ewigkeit regieren werden.

Fragen zum Gespräch:

  • Wo entdecken wir im Text Parallelen und passende Bilder für das heutige Weltgeschehen?
  • Warum sind uns in der Bibel solche – nicht immer schönen – apokalyptischen Texte und Bilder wohl überliefert? Was können wir aus solchen Abschnitten für unser Leben und unseren Glauben gewinnen?
  • Was bedeutet für mich persönlich die Vorstellung eines ewigen Reiches, das Gott aufrichten wird?

Lieder: GL 711, FJ Best of 115 Ein Leben für Gott

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