Johannes 1,1-13
Texterklärung
Das Johannesevangelium unterscheidet sich von den drei weiteren Evangelien. Es hat einen anderen Aufbau als die Synoptiker (Mt, Mk, Lk). Auch der Beginn unterscheidet sich sehr: Die ersten Verse des Johannesevangeliums knüpfen an die Schöpfungsgeschichte in 1. Mose 1 an. Das „Wort“ im griechischen Urtext der „Logos“ hat ein weites Bedeutungsspektrum und geht über unser gesprochenes „Wort“ hinaus:
u. a. „Vernunft“, „Gesamtsinn der Wirklichkeit“. Das Alte Testament zeigt, wie das Wort Gottes bewirkt, was es aussagt. Gott schafft durch sein Wort aus dem Nichts: „Es werde Licht und es ward Licht“ (1. Mose 1,4). Die ersten Verse des Johannesevangeliums zeigen uns Jesus als den, der eine unmittelbare Beziehung zum Schöpfer hat, er existiert schon vor der Schöpfung und ist an der Schöpfung beteiligt.
Die spannenden Anfänge
Anfänge sind etwas ganz Besonderes: Der erste Schultag. Der erste Tag in einem neuen Betrieb. Die erste Vorlesung an der Universität, der erste Tag im freiwilligen sozialen Jahr. Der Tag der Ankunft in einem neuen Wohnort. Der erste Satz in einem Roman. Die ersten Blicke, aus denen die große Liebe entstand. Mit dem Anfang entscheidet sich oft schon alles.
„Im Anfang war das Wort“ – die ersten Worte im Johannesevangelium haben eine hohe Bedeutung, ein sehr großes Gewicht. Sie erinnern an die Schöpfung: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde“ (1Mo 1,1). „Im Anfang war das Wort und das Wort war bei Gott und Gott war das Wort.“ Die ersten Verse des Johannes-Evangeliums sind eine knappe Zusammenfassung dessen, worum es im Evangelium gehen wird: In der Person und der Geschichte von Jesus begegnet Gott den Menschen in einzigartiger Weise. Wenn Johannes vom „Wort/Logos“ spricht, zeigt er, dass es um den Zusammenhang von Gott und Welt, Schöpfung und Erlösung geht.
Das wahre Licht
Licht, Leben ist die Ausnahme im Universum, nicht der Regelfall. Aber es lässt sich nicht unterkriegen, es ist da. Die Finsternis kann es nicht absorbieren, in sich auflösen, einsperren, zum Erlöschen bringen. Es ist viel Zeit vergangen, seit Gott sein erstes Wort gesprochen hat. Da sagt Gott noch einmal: Es werde Licht! Da ist es Licht geworden, in der Nacht. In der Nacht von Bethlehem. In der Nacht der Welt. In der Dunkelheit wurde es hell. Wieder ganz anders, als Menschen es sich vorgestellt hätten. „In ihm war das Leben, und das Leben war das Licht der Menschen. Und das Licht scheint in der Finsternis, und die Finsternis hat’s nicht ergriffen.“ Das Licht, das durch Jesus erschienen ist, „leuchtet für alle Menschen“, für die ganze Welt.
Der Zeuge
Nicht Johannes der Täufer ist das wahre Licht, sondern Jesus, das menschgewordene Wort Gottes. Johannes der Täufer ist der Zeuge für Jesus, das wahre Licht. In der Adventszeit zünden wir viele Lichter an. Sie erinnern uns an das eine Licht, Christus. Das Licht soll strahlen, soll das Leben der Menschen erreichen, hell machen. Es ist für alle Menschen bestimmt. Der jüdische Messias Jesus ist für die ganze Welt gekommen! Der Hinweis auf Johannes den Täufer zeigt, dass das Geschehen um Gottes Kommen in unsere Welt in der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel verankert ist. Es ist derselbe Gott, der durch sein Wort in Israel und durch Jesus Christus handelt. In Jesus von Nazareth, dem Mensch gewordenen Wort, begegnet uns wirklich Gott, begegnet uns das Angesicht Gottes.
Das Drama
Die Menschen, für die das Licht bestimmt ist, erkennen es nicht. Sie nehmen den menschgewordenen Gott nicht an. Was für eine Tragik: Die, die durch das Wort geschaffen wurden und deshalb zu ihm gehören, lehnen es ab
Kinder Gottes
Aber das ist nicht das Ende. Es gibt Menschen, die dieses Wort in sich aufnehmen. Sie sind Gottes Kinder. Gottes Kind kann sein, wer glaubt, dass Gott uns als seine Kinder annimmt. Solche Menschen erkennen, wo der Ursprung und was der Grund ihres Lebens ist. Sie können in die Wahrheit und in die Kraft dieser Botschaft wie in ein schützendes Zuhause hineingehen.
Fragen (und Anregungen) zum Gespräch:
Einstieg: Über „Anfänge“ im Leben sprechen und was wir damit verbinden: Neugierde, Freude, Ängste. Eine neue Welt erschließt sich durch den Anfang im Glauben an Christus.
- Inwiefern begegnet uns in Christus Gott, der Schöpfer?
- Wie werden wir Kinder Gottes? Was heißt es, ein Kind Gottes zu sein?
- Wie können wir das Licht weitergeben, das Johannes als erster bezeugt hat?
Lieder: GL 9, FJ5 157 Menschensohn
