Was tun, wenn in der Paarbeziehung nichts mehr geht?
In Paarbeziehungen gibt es Momente, in denen es scheint, als ob nichts mehr geht – sei es durch Konflikte, Verluste oder Missverständnisse. Peter und Marina Hahn haben diese Erfahrung in ihrer eigenen Ehe gemacht. Mittlerweile beraten und begleiten sie Paare und helfen ihnen in Krisen. Im Gespräch mit Johannes Kuhn erzählen sie, was ihnen dabei begegnet und was Paaren hilft, nicht vor dem Scherbenhaufen ihrer Beziehung zu enden.
Mit welchen Problemen kommen Paare zu euch in die Beratung?
Marina Hahn: Die Paare kommen oft in vorbeugender Absicht. Wenn sie merken, dass es nicht mehr so geschmeidig läuft, wollen sie nicht noch tiefer in Schwierigkeiten miteinander geraten. Dann suchen sie neue Impulse und Ideen, um ihre Beziehung wieder aktiv und zielorientiert gestalten zu können.
Peter Hahn: Oder sie kommen mitten in einer Krise. Wenn sie sich schon aus dem Blick verloren haben. Oder wenn es schwierige Lebensumstände gibt.
Was sind häufige Blockaden, die ihr bei Paaren beobachtet?
Peter Hahn: Die Fähigkeit, in angemessener Art und Weise einen Konflikt zu bearbeiten und zu lösen, ist oft nicht gegeben. Spätestens dann, wenn wir unsere wohlwollende Haltung füreinander verlieren, rutschen wir in einen Richtig/Falsch-Abgleich, der eine gute Lösung blockiert.
Marina Hahn: Wenn wir uns in unseren Bedürfnissen vom Partner nicht mehr wahrgenommen und gesehen fühlen, schafft das Distanz zueinander. Wir entfernen uns emotional und das blockiert dann natürlich wieder den Weg zueinander.
Was sind frühe Warnzeichen dafür, dass eine Beziehung kränkelt?
Marina Hahn: Ein deutliches Warnsignal ist ein häufig unangemessener Umgangston und ein unfreundlicher Umgang miteinander. Das kann sich einschleichen. Außerdem sollte man handeln, wenn man sich ständig missverstanden fühlt und aneinander vorbeiredet.
Peter Hahn: Ebenso ist eine mangelnde Kommunikation ein deutliches Warnzeichen. Wenn es zu keinen Gesprächen mehr von Herz zu Herz kommt. Wir nennen das „Herzensgespräche“, in denen wir unsere innersten Themen miteinander teilen. Oft tauscht man sich sonst nur noch über Informelles und Oberflächliches aus.
Marina Hahn: Überhaupt wird es kritisch, wenn der Beziehung nicht mehr die Priorität eingeräumt wird, die ihr zugedacht ist. Wenn alle anderen Termine ihren Platz im Kalender haben, aber keine Zeit zu zweit geplant wird, läuft es in die falsche Richtung. Darum aufgepasst: was in unseren Kalendern nicht drinsteht, kommt in unserem Leben auch nicht vor.
Welche Schritte helfen dabei, eine Beziehung stabil zu halten?
Marina Hahn: Ich muss die Entscheidung treffen, aus meiner Ehe das Beste herausholen zu wollen. Das ist ein Prozess, der nie aufhört und aktiv gestaltet werden will. Auch hier kann ich die entsprechende Haltung einüben.
Peter Hahn: Freundlichkeit ist einer der wichtigsten Bausteine, um eine zufriedene und glückliche Ehe zu führen. Ein freundlicher Lebensstil, der sich an unserem Ton und in der Wortwahl messen lässt, trägt entscheidend zu einem harmonischen Miteinander in der ganzen Familie bei.
Marina Hahn: Ein wichtiger Tipp ist auch, nicht in eine sich zurückziehende Haltung zu verfallen. Bleibt verletzlich und offen – auch, wenn es schwierig wird. Wenn man sich emotional abschottet, ist das eine kaum zu überwindende Blockade für die Beziehung.
Peter Hahn: Vergebt einander. Ohne sich immer wieder zu vergeben, ist ein positive Entwicklung gar nicht möglich. Dann bleiben im Verborgenen „offene Rechnungen“. Das ist dann deutlich zu spüren und behindert die Weiterentwicklung und Liebe.
Marina Hahn: Pflegt eine gute Kommunikation. Sie soll offen, ehrlich und wertschätzend sein. Sprecht gutes übereinander aus und macht euch Komplimente. Es gilt, Interpretationen weitestgehend zu vermeiden. Aufmerksames Zuhören und Nachfragen gehört dazu.
Peter Hahn: Legt gemeinsame Ziele fest. Sie geben der Beziehung eine klare Richtung und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl.
Marina Hahn: Schafft euch Qualitätszeiten, die ausschließlich euch beiden und eurer Beziehung gewidmet ist. Das erzeugt emotionale Nähe und Verbundenheit.
Peter Hahn: Selbstpflege und die Fähigkeit, sich auf eine gute Art und Weise abgrenzen zu können, tut ebenfalls sehr gut. Ein zufriedener und ausgeglichener Partner ist eher bereit und in der Lage, Liebe und Aufmerksamkeit zu geben.
Marina Hahn: Vergebung und Loslassen einüben. Keine Ehe ist frei von Enttäuschungen und Fehlern. Vergebung schafft die Grundlage dafür, das Geschehene loszulassen und nach vorn blicken und leben zu können.
Ihr habt gesagt, dass manche Paare an einem Punkt sind, an dem sie denken es geht nichts mehr. Welche Botschaft habt ihr für diese Paare?
Marina Hahn: Ich möchte ihnen raten, sich unbedingt Hilfe zu holen. Durch einen externen Berater lernen sie zu analysieren, was eigentlich mit ihnen geschehen ist. Daraus entwickeln sie dann ihre persönlichen Strategien und können so gewünschte Veränderungen herbeiführen.
Peter Hahn: Ich bin sehr dafür, alle Kraft auf die Lösung des Problems zu verwenden. Also Fokussierung statt Splitting. Trennung gibt es nicht, sondern nur eine gemeinsam erarbeitete Lösung. Das spart Zeit, Kraft und Geld. Außerdem dürfen wir als Christen uns daran erinnern, dass Gott der Dritte in unserem Bund ist. Ihn dürfen wir im Gebet anflehen, ihm unser Herz ausschütten und nach seiner Weisung fragen. Das gemeinsame Gebet, nicht nur in Zeiten der Not, ist eine Kraft die unvergleichbar ist.
Was würdet ihr Paaren empfehlen, die noch nicht professionelle Hilfe suchen wollen, aber an ihrer Beziehung arbeiten möchten?
Marina Hahn: Wie Peter gerade schon erwähnt hat: gemeinsam beten! Alles vor Gott aussprechen und ihn in die Situation bitten und einladen. Das stärkt. Es liegt darauf auch die Verheißung, dass Gott mit dabei ist. Dann natürlich alle Punkte einüben, die schon genannt wurden und wenn möglich, sich Vorbilder suchen. Ehepaare, die schon etwas weiter den Weg miteinander gegangen sind, können uns oft inspirieren. Folgende Buchvorschläge sind auch super hilfreich: „Liebe und Respekt“ von Emerson Eggerichs | „7 Geheimnisse glücklicher Paare“ von John Gottman. Zum Thema der Sexualität gibt es sehr gute Bücher von Veronika Schmidt. – Diese Bücher sind allesamt eine gute Hilfe für Paare, die selbst etwas ändern wollen.
Vielen Dank für das Gespräch!
Tipps für eine stabile und glückliche Beziehung:
- Entscheidet euch für einen freundlichen Umgangston: Unfreundlichkeit ist ein deutliches Warnzeichen für Probleme.
- Redet über Wesentliches, z. B. über eure Bedürfnisse: Ungenügende gute Kommunikation führt zu emotionaler Distanz.
- Zeigt aufrichtiges Interesse an eurem Partner: Dafür ist es wichtig zu wissen, was den Partner bewegt und interessiert. Frei von einer Bewertung.
- Plant gemeinsame Aktivitäten.
- Setzt Prioritäten: Nur eine Ehe, die gepflegt wird, kann auch erblühen. Das erfordert, ihr die richtige Priorität einzuräumen.
- Schafft regelmäßige Zeiten zu zweit: Verabredet euch bewusst und verteidigt diese Zeit. Sie ist besonders hart umkämpft.
- Lebt eure Sexualität und Zärtlichkeit: Gelebte Intimität ist eine tiefe und einzigartige Form der Kommunikation.
- Vermeidet eine harte Haltung gegeneinander: Übt unermüdlich eine Haltung der weichen Herzen ein. Diese sind zwar verletzlich. Aber aus Verletzlichkeit entwickelt sich Stärke.
- Vergebt einander, wo ihr euch verletzt habt: unvergebene Konflikte blockieren die Beziehung.
- Erarbeitet gemeinsame Werte: Klärt, welche Werte in eurer Beziehung gelebt werden sollen. Das macht sie tragfähig.
- Pflegt auch eure eigenen Interessen: Nur wer auch mit sich selbst gut umgeht und weiß, was er braucht, kann sich auch wieder aus vollem Herzen in die Beziehung investieren.