Gemeinschaft

Das Magazin für Bibelbeweger, Heimatgeber und Hoffnungsträger


Liebe überwindet

Liebe Apis,
liebe Freunde im Ländle und darüber hinaus!

es ist schon etliche Jahre her. Als junge Familie mit kleinen Kindern bewohnten wir ein kleines Häuschen in Herrenberg. Irgendwann in der späten Jahreszeit, es war schon dunkel geworden, klingelt es an der Haustür. Wir öffnen. Ein sehr dicker Mann steht vor uns. Sein Hab und Gut ist in einer großen Tüte verstaut. Er riecht streng, ja – sagen wir es: Er stinkt extrem. Er fragt nach einer belanglosen Sache. Aber mir ist klar: Der Mann braucht eine warme Dusche und frische Kleider. Mindestens. Aber das kostet mich erhebliche Überwindung. Nichts an dem Mann möchte ich berühren. Und doch zerreißt es mir das Herz. Und so kämpfe ich gegen alle Abstandsgefühle an. 10 Euro in die Hand drücken wäre jetzt so einfach gewesen. Was mir damals geholfen hat? Mein Glaube. Die Zuwendung Gottes gegenüber mir. Es sind die zentralen Sätze aus der Geschichte des Barmherzigen Samariters (Lk 10,25ff.), aus den Abschiedsreden Jesu (Mt 25,40: „Was ihr einem meiner geringsten Brüder getan habt, habt ihr mir getan“) und des Hymnusverses aus dem Philipperbuch („Nehmt Euch Christus zum Vorbild“; Phil 2,5 | Hfa). Die Weihnachtsgeschichte ist dafür die Kerntheologie der Liebe. Gottes Liebe überwindet allen Schmerz, alle Trostlosigkeit, meine Bedürftigkeit, Sünde und Einsamkeit. Gott wird Mensch. „Er entäußert sich all seiner Gewalt, wird niedrig und gering“ (Nicolaus Hermann I Lobt Gott ihr Christen; Vers 5).

 Es ist Ausdruck der tiefsten Dankbarkeit gegenüber Jesus.

Matthias Hanßmann

Die Dusche ist zu klein, die ausgeleierte Trainingshose aus meinem Schrank zu eng. Es gibt noch etwas zu essen und so haben wir es irgendwie hinbekommen. Dann geht er. Er schaut nochmals zurück, lachend und fröhlich. Wir winken uns zu, und der Mann biegt um die Straßenecke. Der Mann ist nicht bei uns eingezogen, und wir haben ihn seither nicht mehr gesehen.

Und die „Moral“ der Geschichte?

Mir ist etwas unwohl. Baue ich bei euch moralischen Druck auf? Hoffentlich nicht! Vielmehr wollte ich mit dem Erlebnis zeigen, wie mich das verinnerlichte Weihnachtswunder zu einer Grenzüberwindung befähigte. Es ist das, was Luther als ein „alles was Christus treibet“ bezeichnet. Es ist vorläufig und zu wenig. Viele Menschen könnten großartigere Geschichten der eigenen Menschenfreundlichkeit erzählen. Es ist Ausdruck der tiefsten Dankbarkeit gegenüber Jesus. „Er wird ein Knecht und ich ein Herr“, so dichtet Hermann. In welchem Zustand ich auch immer einmal durch Gottes Haustür gehen werde – ich bekomme eine warme Dusche, neue Kleider und werde an einen großartigen Tisch gesetzt. Der Unterschied wird sein, dass er sagt: „Willkommen. Das ist jetzt dein neues Zuhause“.

Euer
Matthias Hanßmann

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