06/2025-07/2025

Rathaus statt Pfarrhaus

Vom Theologiestudenten zum Bürgermeister

„So gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Mt 22,21) – mit Versen wie diesem wollten mir zwei ältere Damen biblisch begründen, warum sie aus christlicher Überzeugung nicht wählen gehen werden. Damals war ich ein junger Theologiestudent, war jüngst in die Junge Union eingetreten und hatte mich bei den Kommunalwahlen 2014 für eine Schicht am Wahlkampfstand breitschlagen lassen.

Diese Begegnung war zwar nur kurz, doch sie gab mir lange zu denken: Haben wir als Christen nicht auch eine politische Verantwortung für unsere Gesellschaft? Lässt sich „Kaiser“ und „Gott“, lässt sich weltliche und geistliche Gemeinde wirklich so einfach trennen? Kann uns als Christen unsere Demokratie und unser Staatswesen so egal sein?

Schon früh war ich in der christlichen Jugendarbeit aktiv, wollte auch hauptamtlich Verantwortung übernehmen und habe deshalb „Theologie auf Pfarramt“ studiert. In der theologischen Beschäftigung mit meinem Glauben und der Bibel wurde für mich eines klar: Als Christen leben wir nicht entweder ein weltliches oder ein frommes Leben, sondern in Jesus Christus ist beides untrennbar miteinander vereint. Unsere Verantwortung als Christen endet eben nicht an der Kirchentür, sondern gilt für die gesamte Gesellschaft. Als Liebes- und Hoffnungsbotschafter Gottes sind wir unweigerlich auch Fürsprecher für unsere Demokratie, für Freiheit, Frieden und Gerechtigkeit.

„Suchet der Stadt Bestes, […] denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s euch auch wohl“ (Jer 29,7) – in diesem Sinne ist wählen gehen eigentlich nur das Minimum, was wir als Christen leisten können. Vielmehr ist es unsere Verantwortung, uns auch weit darüber hinaus in Vereinen oder Parteien einzubringen und unsere Gesellschaft mitzugestalten. Für mich hat das bedeutet, dass ich mich auch selbst für ein politisches Mandat zur Wahl stellen wollte. Und so hat es mich nicht ins Pfarramt, sondern ins Rathaus verschlagen: Mittlerweile bin ich Bürgermeister der Schönbuch- und Schokoladenstadt Waldenbuch und ich glaube, dass ich dort genau an der richtigen Stelle bin.

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