Psalm 136,1-26
Texterklärung
Juden nennen Psalm 136 „das große hallel“ (= Loblied). Gottes Wunder in seiner Schöpfung, in der Geschichte seines Volkes und am einzelnen Beter werden aufgezählt – und die Gemeinde antwortet 26-mal mit dem Echo: weil „seine Güte ewig [währt]“. Psalm 136 kann als Antwort auf den Aufruf im vorhergehenden Psalm gesehen werden, den Herrn zu preisen. Man kann auch einen Bezug zu Jeremia 33,11 ziehen: wir hören „die Stimme derer, die sagen: Lobt den Herrn der Heerscharen, denn der Herr ist gut, denn seine Güte währt ewig!“.
„Unaussprechlich – aber ausgesprochen gut!“
Der bekannteste und am meisten verwendete Name für Gott „Jahwe“ (6828 x) wird nach sehr alter Tradition im Judentum nicht ausgesprochen. Er ist heilig und soll nicht missbraucht werden. Stattdessen wird Adonai (= der Herr) gesprochen – Martin Luther hat dies in seiner Übersetzung ins Deutsche auch aufgenommen. Interessant ist, dass in den ersten drei Versen des Psalms drei verschiedene Gottesnamen vorkommen: „Herr“, Jahwe (V. 1), „Gott“, Elohim (V. 2) und „Herr“, Adonai (V. 3). Der erste Name wird im Zusammenhang mit Israel verwendet, der zweite im Zusammenhang mit irdischen und himmlischen Machthabern und der dritte im Zusammenhang mit allen, die Herrscher sind und Einfluss ausüben.
Mit allen Gottesbezeichnungen wird ausgedrückt, dass er einzig und allein ist in seiner Herrlichkeit. Niemand ist wie er. Nur er ist zu preisen.
Der persönliche Name Gottes (Jahwe) kann so übersetzt werden: „Ich bin, der ich bin.“ – „Ich werde sein, der ich sein werde.“ – „Ich bin immer der gleich Bleibende.“ Der „Seiende“ ist nicht im philosophischen Sinn zu verstehen. Es geht um etwas Aktives: Ich werde mich „(für euch) ereignen“ – ich werde aktiv gegenwärtig sein. Es geht also um die dem Menschen zugewandte Seite Gottes – alles andere bleibt ein Geheimnis. Gott ist und bleibt unergründlich – aber er wird erfahren!
„Elohim“ ist die generelle Gottesbezeichnung – ist doch Jahwe (2Mo 6,2-12) die Bezeichnung für den Gott, der sich in besonderer Weise dem Volk Gottes offenbart hat. Er ist hier der „Gott der Götter“ – der Gott über alle menschlichen und übermenschlichen Mächte.
„Adonai“ = der Herr: Dies ist die Bezeichnung für den Gott, der souverän über die von ihm geschaffene Welt herrscht. Es gibt viele „Herren“, aber er regiert über sie. Er, der Ursprung und das Ziel aller Dinge, ist allein der Herrscher.
Gottes Güte
Das hebräische Wort, das hier verwendet wird, ist eine der häufigsten Beschreibungen Gottes in der hebräischen Bibel. „Güte“ ist in unserem Sprachgebrauch die freundliche und wohlwollende Zuwendung – auch eine nachsichtige Weise, mit Menschen umzugehen. Das biblische Wort ist reich an Bedeutung und verbindet die Begriffe Liebe, Treue und Großzügigkeit. Güte begegnet uns auch im Galater 5,22: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut …“ Erkennungszeichen der Güte Gottes sind im Psalm: die Schöpfung (V. 4-9); die Erfahrung der Befreiung aus Ägypten und die Bewahrung in der Wüstenzeit (V. 10-22). Er wird in der Geschichte und auch im persönlichen Bereich erfahren (V. 23-26).
Zehntausend Gründe
Die Aufzählung der Gründe könnte jetzt fast unendlich ergänzt werden. Das Volk Israel und die Menschen im neuen Bund erfuhren und erfahren es bis heute: „Die Güte des Herrn hat kein Ende. Sein Erbarmen hört niemals auf. Es ist neu jeden Morgen. Groß ist deine Treue, o Herr!“ Im Grunde geht es um die Bundestreue, die in diesem Psalm betont wird: Gott steht zu seinem Wort – „vom Anfang bis zum Ende“.
Auffallend ist, dass in dem Lobpsalm die individuelle Erfahrung eines Einzelnen keine große Rolle spielt. Die Beter machen sich die Erfahrungen unzähliger Generation zu eigen. Sie loben Gott für seine Treue und sein Wirken in der Welt- und der Heilsgeschichte.
Wir sind meist anders geprägt: Wir verstehen unseren Glauben und unsere Glaubenserfahrung oft sehr individuell – was Gott in meinem Leben bewirkt. Der Psalm weitet den Horizont. Ich und unsere Gemeinde sind „nur“ ein Sandkorn in Gottes Geschichte. Dafür kann man klar Gott loben und preisen – aber der Psalm nimmt das Ganze in den Blick und unterstreicht damit die Größe Gottes
Fragen (und Anregungen) zum Gespräch:
- Psalm im Wechsel lesen – eine(r) die vorgerückten, alle die eingerückten Verse (Echo). Dann den Psalm mit Gottes Taten im neuen Bund und eigenen Erfahrungen fortsetzen (ergänzen) und alle Aussagen mit dem Echo bekräftigen. Welche Gründe, Gott zu loben, ergeben sich im Blick auf den neuen Bund?
- Welche Namen und Bilder von Gott kennen wir noch – was sind ihre Bedeutungen?
- Kleinen Kindern wird oft gesagt: „Wie sagt man?“. Wie können wir in unseren Treffen und im persönlichen Umgang eine „Kultur des Lobens und Dankens“ einüben?
Lieder: GL 221, FJ Best of 55 Danke