Römer 3,1-20
Texterklärung
In Römer 3 macht Paulus unmissverständlich klar: Kein Mensch ist gerecht – weder Jude noch Grieche. Alle haben gesündigt, keiner kann sich auf Herkunft, Gesetz oder gute Werke berufen. Das Gesetz zeigt uns lediglich, wie weit wir von Gottes Maßstab entfernt sind. Es ist wie ein Spiegel, der unsere Fehler sichtbar macht. Gerecht spricht allein Gott, durch den Glauben an Jesus Christus, der für unsere Schuld gestorben ist.
Schuldig
„Alle sind schuldig geworden und haben die Herrlichkeit verloren, in der Gott den Menschen ursprünglich geschaffen hatte“, so schreibt Paulus. Ein harter Satz. Doch wer ehrlich in den Spiegel der eigenen Seele schaut, merkt: Da ist etwas dran. Wir sind nicht so aufrichtig, liebevoll, geduldig oder gerecht, wie wir gern wären oder wie wir manchmal scheinen möchten. Der Spiegel, den Paulus hier verwendet, ist das Gesetz Gottes. Es zeigt uns, was gut und richtig wäre. Aber es macht uns nicht besser. Wie ein Badezimmerspiegel, der zwar den Schmutz zeigt, aber ihn nicht wegwischen kann. Das Gesetz ist dabei nur der Spiegel der eigenen Erkenntnis und nicht die Urkunde für mein moralisches Handeln. Es bestätigt mir nicht, dass ich ein guter Mensch bin. Es zeigt mir vielmehr, wie sehr ich auf Gottes Gnade angewiesen bin.
Die Gnade geht über meinen Verstand hinaus. Mein Denken, meine Erkenntnis, mein Handeln, meine Liebe für die Menschen. All das nährt sich aus seiner Liebe, die mir alles gegeben hat, was ich zum Leben brauche. Die Gnade vom Kreuz ist „alles in allem“ – Gottes gnädiges Handeln an uns Menschen, bleibend, tragend, rettend. Ein Handeln, das menschlich unglaublich wirkt, aber göttlich notwendig war. Paulus schreibt an die Epheser: „Alles hat er unter seine Füße getan und hat ihn gesetzt der Gemeinde zum Haupt über alles, welche sein Leib ist, nämlich die Fülle dessen, der alles in allem erfüllt“ (Eph 1, 22f.). Christus starb, damit ich in den Spiegel schauen kann, ohne beschämt davonlaufen zu müssen.
Wir Menschen sind geübt darin, diesen Spiegel zu verbiegen oder zu dekorieren. Wir vergleichen uns, betonen unsere guten Seiten, rechtfertigen unser Verhalten. Doch Gott schaut tiefer. Ihn interessiert nicht, wie wir uns darstellen, sondern ob wir uns ihm anvertrauen. Der Glaube an Jesus Christus ist der einzige Weg zur Gerechtigkeit vor Gott. Und dieser Weg ist ein Geschenk. Kein Statussymbol für besonders gute Christen, sondern Ausdruck seiner Gnade.
Geschenkt
Das ist entlastend und zugleich herausfordernd. Entlastend, weil ich nicht mehr kämpfen muss, um Gottes Liebe zu verdienen. Herausfordernd, weil ich ehrlich werden muss – vor Gott, vor mir, vielleicht auch vor anderen. Aus dieser Ehrlichkeit wächst echte Freiheit. Ich darf als geliebter Mensch leben, nicht als perfekter. Ich darf Fehler machen und Vergebung erfahren. Ich darf anderen neu begegnen – nicht von oben herab, sondern auf Augenhöhe.
In einer Welt, in der Leistung zählt und selbst im Glauben oft Vergleiche angestellt werden, erinnert Paulus uns: Vor Gott sind alle gleich. Unsere Gerechtigkeit kommt nicht aus uns selbst, sondern allein aus Christus. Wer das versteht, wird nicht stolz, sondern dankbar. Nicht überheblich, sondern barmherzig.
Vielleicht ist das das tiefste Geheimnis eines gelingenden Miteinanders: dass wir alle aus der gleichen Gnade leben. Dass niemand über dem anderen steht. Und dass wir als Gemeinde nicht durch perfekte Lebensläufe glänzen, sondern durch gelebte Vergebung und ehrliche Liebe.
Praxistipps
- Einen Spiegel mit ermutigenden Aufschriften herumgeben oder im Foyer aufstellen – als Einladung zur ehrlichen Selbstbetrachtung.
- Anmoderation: „Sei ehrlich zu dir und zu Jesus und öffne deine Hände für Gutes.“
- Beispiele für Aufschriften: Du bist geliebt! | Du bist wertvoll! | Du bist einzigartig! | Dir ist vergeben! | Christus ist deine Gerechtigkeit!
Fragen zum Gespräch
- Wo versuche ich, vor Gott oder Menschen„gut dazustehen“?
- In welchen Momenten erkenne ich meine Schuld und nehme Gottes Gnade an?
- Was bedeutet es für mich, dass Gott keinen Unterschied zwischen Menschen macht?
- Wie kann ich im Alltag barmherziger mit mir und anderen umgehen? Was würde mir helfen, fröhlicher durch meinen Alltag zu gehen?
Tipp: Gestalte einen Spiegel zu Hause (im Bad, an der Gaderobe) zu einem persönlichen Tagesermutiger (s. oben). Schau jeden Morgen ehrlich und dankbar in den Spiegel und geh fröhlich in den neuen Tag.
Lieder: GL 304, FJ4 59 Du bist, der du bist